Dolomitenwanderung – Teil 1 – Viertägige Hütten-Tour im Rosengarten-Massiv

Blick zur Sella Gruppe - Dolomitenwanderung - YouLoveBeauty

Schroffe, kahle Felsen ohne Vegetation, steile Abhänge und dazwischen immer wieder sanfte grüne Almflächen. Rund 250 Millionen Jahre sind sie alt, die Dolomiten. Einige ihrer Gipfel und Pässe wollen wir während einer viertätigen Hüttentour erwandern.

Den Ausgangpunkt unserer Wanderung bildet das ruhige Bergdorf Tiers im Naturpark Schlern-Rosengarten, der zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. Das Bergmassiv Schlern liegt zwischen dem Tierser Tal in Südtirol und dem Fassatal im Trentino. Nach einem ausgiebigen Frühstück, packen wir am Morgen des ersten Tages unsere Rucksäcke, lassen das übrige Gepäck an der Hotelrezeption zurück und fahren mit dem Bus bis zur Talstation der neuen Gondelbahn König-Laurin. Das Schöne ist, in dieser Gegend braucht man nicht unbedingt ein Auto, da es gute Busverbindungen gibt und man die Tickets vielen Unterkünften gratis bekommt. Mit der Gondel überwinden wir bequem die 2.337 Höhenmeter bis zur Kölner Hütte, an der Westwand des Rosengartens. Wir befinden uns nun mitten in der sagenumwobenen Bergwelt des König Laurin und der Ausblick, den wir von hier aus auf die umliegenden Bergketten haben, ist gigantisch. Er wird uns während des gesamten ersten Teilstücks unserer Wanderung begleiten.

Tag 1: Unterwegs auf dem aussichtsreichsten Höhenwege Südtirols

Bei strahlendem Sonnenschein und idealem Fotowetter starten wir von hier aus, unsere erste Wanderung. Wir nehmen nicht die steile Route über das Tschager Joch, sondern schlagen stattdessen den, an der Kölner Hütte vorbeiführenden und mit der Nrummer 549 gekennzeichneten Hirzelweg ein, einen der beliebtesten und aussichtsreichsten Höhenwege Südtirols. In sanftem Auf und Ab quert er die, teilweise mit Schutt- und Geröll bedeckten Wiesenhänge. Unterwegs bieten sich uns spektakuläre Ausblicke auf den Latemar, das dahinter liegende Weißhorn sowie ins Eggen- und Tierser Tal. An der Baita Marino Pederiva legen wir bei Joghurt und Buttermilch mit frischen Waldbeeren unsere erste Pause ein und genießen das traumhafte Bergpanorama. Die kleine Berghütte liegt unterhalb der wesentlich größeren Rotwandhütte (Rifugio Roda die Vael), die in 2.283 Metern Höhe auf dem Ciampac-Sattel thront. Von der Rotwandhütte wandern wir zunächst über Almwiesen auf dem Weg Nummer 541 bis zum Aufstieg zum Cigoladepass (Jouf da le Zigolade). Auf steilen Kehren kämpfen wir uns über Geröll nach oben, bis auf eine Höhe von 2.560 Metern. Hier ist etwas Trittsicherheit gefragt. Doch für den mühsame Aufstieg inmitten einer bizarren Felslandschaft werden wir mit herrlichen Panoramablicken ins Fassa- und Vajolontal belohnt. Nun steigen wir durch Geröll südwärts leicht hinunter in den Vajolonkessel. Der Abstieg führt uns an der senkrechten Südwand der Mugonispitze vorbei. Obwohl es schon Anfang Juli ist, liegt hier noch immer Schnee, was den an sich einfachen Weg recht beschwerlich macht, weil wir immer wieder unvermittelt einsinken und wegrutschen. Dadurch brauchen wir auch etwas länger, als geplant. Auf der anderen Seite, die Vajolet-Hütte schon vor Augen, müssen wir nochmal all unsere Reserven mobilisieren, denn hier geht es nochmal ein kurzes Stück steil bergauf. Dann haben wir endlich unser Ziel für den heutigen Tag erreicht: Die Vajolet-Hütte. Hier werden wir zwei Nächte verbringen.

Schlemmen in der Vajolet-Hütte

Da wir uns das Schnarchen und die schlechte Luft eines 10-Bett-Zimmers ersparen wollten, haben wir frühzeitig gebucht, um noch eines der Doppelzimmer, am Ende des Flurs, an der Außenwand, zu ergattern. Denn die dünnen Holzwände sind so hellhörig, dass man jedes Husten aus dem Nebenzimmer hört und da ist es von Vorteil nur auf einer Seite welche zu haben. Da das Frühstück für Italiener keine wichtige Mahlzeit ist und es auf Hütten generell einfacher zugeht, darf man davon auch hier nicht allzu viel erwarten, insbesondere was das Brot angeht. Umso so angetaner sind wir vom guten Abendessen und der großen Auswahl an regionalen Gerichten, zu moderaten Preisen. Der Panna Cotta kann selbst ich, die ansonsten eigentlich gar nicht auf süße Nachspeisen steht, nicht widerstehen. Und selbst der Hauswein ist gut und bezahlbar. Teuer ist nur das Trinkwasser. In den Gemeinschaftsbädern hängen Warnschilder, die darauf hinweisen, dass es sich bei dem Wasser, das dort aus der Leitung kommt, nicht um Trinkwasser handelt. Angesichts der Tatsache, dass hinter der Hütte ein klarer Bergbach vorbeiplätschert, und das Wasser aus dem Hahn vermutlich von dort kommt und sehr wahrscheinlich sogar besser ist, als das abgefüllte Wasser aus dem Supermarkt, beschließen wir jedoch das Risiko einzugehen und unsere Trinkflaschen damit aufzufüllen. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.

Tag 2: Tour zum aussichtsreichen Santnerpass

Am nächsten Morgen schlagen wir nach dem Frühstück den den Weg Richtung Santnerpass ein. Das Stück bis zur Gartlhütte (RIFUGIO RE ALBERTO 1°) ist etwas steiler und recht felsig, mit einigen Kraxelabschnitten, die stellenweise mit Seilen gesichert sind. Hier sind etwas Geschick und Kraft gefragt, denn das Stück zieht sich. Oben angekommen, lassen wir die beeindruckenden weltbekannten Vajolet-Türme mit ihren eleganten, schlanken Spitzen, auf denen sich später am Tag zahlreiche Kletterer tummeln werden, rechts liegen. Leider sieht der kleine Bergsee vor der Hütte, in dessen Wasseroberfläche sich im Sommer an schönen Tagen der blaue Himmel spiegelt, an diesem Tag eher wie eine graue Pfütze aus. Denn er ist teilweise noch mit Eis und schmutziggrauem Schnee bedeckt. Direkt unterhalb der Laurinswand wir über ein Schotterfeld aus dem Gartl heraus, dem Santnerpass entgegen. Auf einer Höhe von 2.734 Metern thront hier die Santnerpasshütte (Rifugio Passo Santner), die 1956 errichtet und im Jahr 2022 erneuert wurde.
Das Schutzhaus liegt direkt am zweithöchsten Gipfel der Rosengartengruppe, der Rosengartenspitze, an der Grenze zwischen dem Eggen-, dem Vajolet- und dem Fassatal. Hier schweift unser Blick vom spektakulären Latemar-Massiv, bis hin zum Weißhorn und dem Schwarzhorn, zur Brentagruppe, dem Ortler und den Österreichischen und Schweizer Alpen. In südlicher Richtung erkennen wir die Kölner Hütte. Nur wenige Gehminuten von ihr entfernt, befindet sich der Einstieg zum Santnerpass-Klettersteig. Bei der Planung unserer Wanderung habe ich mich bewusst gegen diesen Weg entschieden, da ich ihn allein hätte gehen müssen und ich mir nicht sicher war, ob dort noch Schnee liegen würde. Vielleicht ein andermal…
Nach einer ausgedehnten Pause geht es dann wieder zurück zur Vajolet-Hütte. Auf dem steilen, felsigen Stück am Ende des Wanderweges sind nun deutlich mehr Menschen unterwegs, als am Morgen. so dass wir uns an engen Stellen aneinander vorbeischlängeln müssen.
Es ist Nachmittag, als wir wieder am Schutzhau ankommen. Wir haben für den heutigen Tag genug getan und gönnen uns auf der Terrasse des Rifugio Preuss, direkt gegenüber der Vajolet-Hütte, einen Cappucchino und einen leckeren Joghurt mit Waldbeeren. Anschließend legen wir uns auf die Wiese in die Sonne und lauschen dem gleichmäßigen Plätschern des Bergbachs. Später bietet sich uns dann noch ein herrlicher Sonnenuntergang.